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Schlagwort: Submission

PLBD015 BDSM

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Mitwirkende

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Homer S. (er)
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Feli (sie)
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Finn (er)

Shownotes

Triggerwarnung

Hallo!

Schön, dass Du die Plapperbude hören möchtest.

In dieser Folge unterhalten wir uns über BDSM. Dabei werden wir auch über Inhalte sprechen, die die Bereiche Sexualität, Schmerz, Grenzverletzungen und sexualisierte Gewalt berühren. Aber auch psychische Erkrankungen, Rassismus und Heteronormativität finden Erwähnung.

Menschen reagieren bei diesen Inhalten sehr unterschiedlich und abhängig von ihrer aktuellen Verfassung. Manche Menschen können fast immer recht unbelastet über diese Themen sprechen, andere können allein von der Erwähnung bestimmter Begriffe emotional überwältigt werden und danach noch länger belastet davon sein.

Besonders wenn Du zu der zweiten Gruppe gehörst, achte beim Hören dieser Folge gut auf Dich und checke vorher nochmal kurz, ob Du heute für diese Inhalte bereit bist. Sie dauert rund dreieinhalb Stunden – vielleicht musst Du sie nicht unbedingt am Stück hören. Vielleicht kannst Du auch sicherstellen, dass im Notfall eine vertraute Person für Dich verfügbar ist, die Dir helfen kann, Dich wieder zu fangen und erstmal wieder zu stabilisieren.

BDSM?

  • steht für:
    • Bondage/Discipline: Fesseln und Züchtigen
    • Dominance/Submission: Dominanz und Unterwerfung
    • Sadismus/Masochismus: Lust am Schmerzzufügen bzw. Schmerzempfangen
  • Praktizierende verfolgen in der Regel einzelne dieser Interessen, nicht alle.

Vorstellung und Motivation

Feli und Finn führen das Gespräch mit mir, um BDSM etwas aus der Tabu-Ecke heraus zu holen, Klischees und Vorurteile zu korrigieren oder relativieren und schließlich bei den Zuhörer*innen vielleicht Interesse, zumindest aber Toleranz zu entwickeln.

Geschmacksrichtung „Vanilla“

  • Was Vanilleeis zu Eis ist BDSM zu Sex.

Nur mit oder auch mit ohne Sex?

  • BDSM kann sexuell sein, muss es aber nicht.
  • Vergleich mit küssen oder kuscheln – beides geht auch ohne Sex.
  • Gleiches gilt für Bindung: Praktizierende können sich emotional nahstehen oder weniger nah.

Was sind konkrete Beispiele für BDSM-Praxis?

  • Rieeeeeesiges Feld!
    • Viele individuelle Definitionen.
    • Jegliche Form des Spiels mit einem gespielten Machtegefälle zwischen mehreren Personen.
    • Feli: Einen sicheren Raum schaffen, in dem ich gesellschaftliche Regeln, Filter oder Normen experimentell fallen lassen, mich anders verhalten können, als ich es üblicherweise tue.
    • Verwandtschaft bzw. Schnittmenge mit Rollenspiel.
    • Erlebnisse mit jemandem unter gemeinsam vereinbartem Regel- oder Rahmenwerk.
      • Hohe Bedeutung von Konsens.
  • Beispiele:
    • Fesseln/Bondage
    • Kontrollierte Stimulation mit oder ohne Schmerz
    • Gegenseitiges „Dienen“ vs. Befehligen
    • Rollenspiele, i.d.R. mit einem Machtungleichgewicht

„Kink“ … aha? …

  • Vorlieben, die nicht in der Mainstream-Mehrheit geteilt werden.
  • Nicht Teil des gesellschaftlichen Standards.
  • Ähnlich mit Fetisch, aber stärker selbstgewählt und weniger medizinisch.
    • Abgrenzung zu Sexueller Fetischismus , im Diagnosemanual ICD-10 der Weltgesundheitsorganisation leider als Störung der Sexualpräferenz geführt und damit klar pathologisierend.

Wie kann Schmerz was Tolles sein?!

  • Schmerz ist nicht gleich Schmerz: Der Kontext, in dem ein Reiz erlebt und interpretiert wird, ist entscheidend.
  • Feli: Für mich stressabbauend, bringt mich in ein anderes Körpergefühl, holt mich aus ständigem Denken.
  • In der Regel graduelle Steigerung von leichtem Reiz (z.B. Kitzeln) zu stärkerer Intensität (z.B. Schmerz). Es wird gemeinsam ausprobiert, welche Reizstärke von der empfangenden Person die erwünschte Befriedigung bewirkt.
  • Die Kombination dieser Schmerzreise mit z.B. Lust oder sexueller Erregung macht dabei oft das Erlebnis besonders oder verstärkt deren Intensität.

Wie das Runners‘ High …

  • Vergleich der Genussqualität mit dem Erleben von Langstreckenläufer*innen, bekannt als Runner’s High.
  • Weiteres Beispiel: Sehr scharfes Essen (ebenfalls ein Schmerzreiz), das einige Menschen offensichtlich sehr genießen.
  • Extremsport oder -erfahrungen, die eine starke Endorphinausschüttung und damit Euphorie nach sich ziehen können.

Spiel mit Grenzen? Was ist der Reiz bei BDSM?

  • Grenzerfahrungen sind ein großer, dennoch nur ein Teil von BDSM.
  • Einige Menschen wollen nur milde Reize bzw. nähern sich nicht wirklich den objektiven Grenzen an, sondern möchten auch im Spiel sicher in ihren individuellen Grenzen bleiben.

Nie ohne Konsens!

  • Einvernehmlichkeit: Ja heißt Ja! (Keine Antwort heißt somit auch Nein!)
  • Viele BDSM-Praktiken wären ohne klaren Konsens „Missbrauch“, Ausbeutung oder Gewalt.

FRIES

  • Freely given: Die beteiligten Personen können wirklich frei Nein sagen.
    • Abhängigkeiten oder drohende/befürchtete Konsequenzen können diese Freiheit einschränken.
    • Dieses Kriterium wäre somit nicht mehr als erfüllt zu betrachten.
  • Reversible: Die Zustimmung kann zu jedem Zeitpunkt wieder entzogen werden.
    • ohne Bedingungen, Verzögerungen oder Sanktionen (Strafandrohungen).
  • Informed: Die beteiligten Personen verfügen über alle notwendigen Informationen, um ihre Entscheidung verantwortlich zu treffen.
    • z.B. die Aufklärung über Nebnweirkungen und Risiken bei medizinischen Maßnahmen wie Imfpungen, Operationen oder Medikamentenverschreibungen.
  • Enthusiastic: Die beteiligten Personen sind nicht unentschlossen, gleichgültig oder zögerlich bezüglich einer geplanten Aktivität, sondern lustvoll entschlossen.
    • Hier haben wir wieder die Notwendigkeit eines klaren Ja!
  • Specific: Die Zustimmung beschränkt sich auf eine klar vereinbarte abgegrenzte Aktivität.
    • Es wird somit kein pauschaler Freifahrtsschein für z.B. „Du darfst mir weh tun“ gestellt.
    • Sondern z.B. „Ich fänd’s gut, wenn Du mir jetzt – nicht zu fest – auf den Po schlägst.“
  • BDSM unter der Voraussetzung von Konsens bedeutet also keine vollständige Kontrollabgabe und damit nie die Aufgabe von Sicherheit.

Das Eis-Essen-Geh-Beispiel

  • Es geht aber nicht nur um Sicherheit, sondern auch darum, dass sichergestellt wird, dass ich bekomme, was ich will (und die anderen Beteiligten auch).
    • Finns Eis-Essen-Geh-Beispiel für FRIES-Konsensualität.
    • Sensibilität für emotionale Abhängigkeit wichtig.
  • Vertrauen ist ein beidseitiges Bedürfnis, FRIES sollen beiden Seiten Sicherheit geben.
    • Klarheit kann sicherstellen, dass meine Grenzen respektiert werden
    • aber auch, dass ich die Grenzen der anderen Person achten kann.Safe-Words und -Codes

Safewords und -codes

  • In spannungsreichen Situationen fallen Denken und verbale Kommunikation angesichts intensiver Erfahrungen manchmal schwer.
    • aus Sicherheitsgründen können sehr kurze Codes oder alternative nonverbale Signale daher hilfreich sein
    • z.B. das bekannte Ampelsystem (rot/gelb/grün).
    • Beide Seiten sind verantwortlich die Situation regelmäßig zu überprüfen.
    • Die Codes sollen eindeutig sein und die Situation zweifelsfrei und umgehend beenden
      • v.a. wenn übliche Abbruchssignale bewussst Teil eines Rollenspiels sein können.

Von der Schwierigkeit „Nein“ zu sagen

  • Manche Menschen haben außerdem bereits im Alltag große Schwierigkeiten, anderen Menschen ein klares Nein ins Gesicht zu sagen
    • z.B. weil das in ihrer Entwicklungsgeschichte irgendwie bestraft oder Grenzenlosigkeit belohnt wurde.
    • Daher können sie beliebige Code-Wörter ggf. leichter aussprechen als „Nein“ oder „Stopp“.
  • Auch die empfangende Person nimmt ein neutrales Code-Wort evtl. als weniger ablehnend und damit emotional belastet wahr.
  • Feli: Ich möchte ein Mensch sein, zu dem jemand anderes gut Nein sagen kann.
    • Dieser Aspekt geht weit über BDSM hinaus
    • BDSM als bereichernde Gelegenheit Verhalten auszuprobieren und zu üben
      • Damit auch übend für Leben außerhalb BDSM

Rollenwechsel, Bedürfnisse und Beziehungen

  • Welche Bedürfnisse in konkreten BDSM-Interaktionen ausgelebt werden, kann sich unterscheiden
    • abhängig vom Zeitpunkt und dem jeweiligen Versorgungszustand des Bedürfnisses
    • aber auch von der Person, mit der die Interaktion geplant ist
    • und wird auch durch das Konsensgespräch geklärt.

Begrifflichkeiten: Aktiv – Passiv oder Aktiv – Aktiv?

  • Finn: Eigentlich sind beide Personen immer aktiv.
    • Es gibt kein Nicht-Verhalten
    • Das Begriffspaar spiegelt den Interaktionscharakter nicht so gut wider
    • Die Bedeutungsebene ist entscheidend: Außenwirkung vs. tatsächliche Interaktion

Sach ma, Ihr redet auch viel, oder? …

  • Während des Spiels unterschiedlich viel
    • Vorlieben ob Sprache oder Gestik verwendet wird
  • Vorab ist viel abzuklären und gemeinsam zu bestimmen
    • auch wenn Partner*innen wenig oder keine gemeinsame Erfahrungen haben.
    • Minimum ist immer das gemeinsame Konsenssystem
  • Sollte auch allgemein bei Sexualität Minimal-Standard sein.

Menschen mit besonderen Verletzlichkeiten

  • Homer: Bewusstsein für besondere Verletzlichkeiten (z.B. Traumafolgestörung, Dissoziation) ist in Grenzbereichen, die als Gewalt erlebt werden können, wichtig.
    • Bewusstsein für Trigger, die posttraumatisches Wiedererleben hervorrufen können
    • Erscheinungsformen von Dissoziation, z.B. das Personen „einfrieren“ und nicht reagieren können, sollten bekannt sein
  • Feli: BDSM-Szene unterscheidet sich nicht in der Häufigkeit psychischer Erkrankungen von Restbevölkerung
    • Wismeijer, A. & Assen, M. (2013). Psychological Characteristics of BDSM Practitioneers. The Journal of Sexual Medicine, 10, 1943–1952. https://doi.org/10.1111/jsm.12192.
    • Brown, A., Barker, E. & Qazi, R. (2019). A Systematic Scoping Review of the Prevalence, Etiological, Psychological, and Interpersonal Factors Associated with BDSM. The Journal of Sex Research, 6, Annual Review of Sex Research Special. 781-811. https://doi.org/10.1080/00224499.2019.1665619.

Gegenseitige Verantwortung und Einwilligungsfähigkeit

  • Für die Prüfung von Konsensfähigkeit sind alle Beteiligten jederzeit verantwortlich.
  • Feli schließt daher z.B. bei Partner*innen Substanzkonsum (z.B. Alkohol) aus.
  • Ungewöhnliches Verhalten des Gegenübers verlangt nach Unterbrechung und Klärung der Sicherheit
  • Nur ausdrückliches Ja heißt Ja. Ein ausbleibendes Nein ist nicht hinreichend!
    • Selbst bei einem Ja muss die Fähigkeit der anderen Person, sich für ein Nein zu entscheiden eingeschätzt werden.
    • Nur so kann ich weitgehend sicherstellen auch unabsichtlich Schaden anzurichten.

Mehr Beschäftigung mit Konsens als im Mainstream

  • Finn & Feli: Gefühl, dass in der BDSM-Szene sehr viel mehr und intensiver über Konsens und Sicherheit kommuniziert wird als in Norm-Gesellschaft.
    • Safe, Sane, Consensual (SSC)

Physische Sicherheit. Wissen, Vorbereitung, Spezial-Materiale

  • Jede Praktik benötigt gewissenhafte Vorbereitung
    • Über geeingete Materialien
    • Risiken
    • Absicherungsmaßnahmen informieren.

50 Schattierungen ungünstiger Vorbilder

  • Vorsicht bei schlechten Vorbildern!
    • Fifty Shades of Grey ist keine geeignete Vorlage für BDSM
      • FRIES nicht gegeben für Protagonistin:
      • Creepy Guy manipuliert nicht informierte Person.
      • Eigentlich Fantasy-Geschichte mit pornografischen Elementen.
        • Hinweis: Pornos sind auch keine realistische Darstellung von Sexualität.
      • Roman impliziert einen Zusammenhang zwischen Missbrauchshintergrund und BDSM-Neigung.
  • Bsp: Film über Bergsteigen evtl. auch keine gute Vorlage für tatsächliche Bergturen!

Vorbereitung, Nachbereitung, Fürsorge

  • Aftercare heißt, sich nach einer Session umeinander zu kümmern
    • z.B. die Augenhöhe wiederherstellen
    • und eingenommene Rollenverhältnisse wieder auflösen
    • mögliche Auswirkungen wie Verunsicherung, Angst, Enttäuschung etc. wahrnehmen
      • und entsprechend fürsorglich auffangen und versorgen.
    • Gerne auch ein paar Tage lang weiter im zumindest lockeren Kontakt bleiben, da Nebenwirkungen ggf. auch noch nachträglich aufkommen können.
      • auch dann besteht immer noch gegenseitige Verantwortung!
    • Der Bedarf besteht nicht nur für empfangende/submissive/unten spielende Person!
      • auch bei der dominanten Person kann das Spiel Belastungen auslösen
        • Hinweis: Auch eigene (gespielte) Handlungen können z.B. Erinnerungen triggern und z.B. Dissoziation oder posttraumatisches Wiedererleben auslösen.
      • insbesondere Ängste oder Schuldgefühle hinsichtlich der andern Person und ggf. einer gemeinsamen Beziehung können bei der dominanten Person auftreten.
  • Verantwortungsvolle BDSM-Praxis ist nicht impulsiv sondern planvoll – Precare
    • hinreichend Zeit und erforderliche Ressourcen sind absolut wichtig
    • ebenso eine Haltung der Fürsorge unabhängig der Rollenpräferenz (oben/unten, top/bottom, dom/sub)

Pausenfüller

  • Musik aus Homer S.First Light

Klischees vs Diversität

  • Viele verschiedene Erscheinungsformen – Klischees bilden meistens eher äußerliche Auffäligkeiten ab
  • Die Anwesenden sehen aus Sicht der Normbevölkerung wohl eher unauffällig aus
    • Es gibt aber auch Kleidungsfetische wie Lack&Leder oder Uniformen

Erkennungszeichen

  • z.B. der Ring der O. (siehe Episoden-Foto)
    • stammt aus einer Novelle von Heinrich von Kleist aus dem frühen 19. Jahrhundert
    • ein tradiertes Symbol obwohl die Novelle selbst auch keine optimale Darstellung von BDSM bietet.
  • Die Triskele, bzw. bestimmte Formen einer Triskele
    • gibt aber auch andere Szenen, die dieses Symbol verwenden, da es sich um eine nordische Rune handelt und mit verschiedentlicher Bedeutung aufgeladen ist.
  • Ein paar Dresscodes (Lack, Leder, Uniform), die aber mehrdeutig sein können
  • Es gibt ein mit dem O-Ring kombiniertes Halsband (Choker)
    • wurde aber auch viel rein modisch von nicht BDSM-Ausübenden getragen wurden/werden.

Sichere Wege zu BDSM

  • Informationen z.B. durch die SMJG, einen eingetragenen Jugendverein
    • für Menschen bis 27.
    • deutschlandweite Organisation
    • professionalisiert, mit div. Hilfsangeboten
      • z.B. ein Sorgentelefon
      • oder ein Coverservice um Sicherheit herzustellen bei Treffen mit bisher fremden Personen
      • Stammtische mit einer jugendgemäßen Gestaltung

Jugendschutz

  • losgelöst von sexuellen Interessen
  • explizit nicht als Kontaktbörse für sexuelle Kontakte gedacht.
  • Regeln werden von Organisator*innen überwacht
  • Vorbeugung gegen z.B. Grooming

Für ältere Interessierte

  • SMJG Alumni
  • Es gibt ein ganzes Feld an Angeboten je nach den eigenen Bedürfnissen
    • Z.B. sogenannte Fesseltreffs, die z.B. Einsteiger*innen-Workshops für Bondage, also Fesselspiele anbieten

Klischee der Ernsthaftigkeit

  • In den meisten Fällen geht es bei BDSM um ein Spiel
    • dabei kann gelacht werden
    • und viele Menschen haben miteinander Spaß dabei

Geschlechterrollen im BDSM

  • Häufige Kritik, dass BDSM geschlechterspezifische gesellschaftliche Machtverhältnisse reproduziere und damit fördere.
    • Weiblich sozialisierte Menschen übernähmen weit überwiegend eine unterwürfige, schwache Rolle, männlich sozialisierte eine herrschende.
    • Es werden tatsächlich Unterschiede in Verbindung mit dem Geschlecht beobachtet, die wissenschaftliche Datenlage scheint dazu aber schwach.
    • Unklar ob BDSM-Szene sich wirklich von Normgesellschaft unterscheidet.
    • Die behauptete aufrechterhaltende Rolle ist entsprechend eine unbelegte These.
      • Der hier berichtete reflektierte Umgang mit Beziehungen, Sexualität und Rollen ließe auch die Alternativhypothese zu, dass diese Auseinandersetzung gerade Bewusstsein erzeugt und eine Lösung aus unterbewusst festgeschriebenen Stereotypen sogar befördert
      • Eine Gegenposition weist darauf hin, dass die unten spielende Person im Rahmen des – absolut konsensuellen – BDSM im Gegenteil sehr viel mehr Macht hat als in den patriarchalen Machtverhältnissen üblich.
      • Selbstverständlich könnten beide Hypothesen jeweils für eine bestimmte Form der Praxis oder bestimmte Teile der Szene Gültigkeit besitzen.
  • Homers Hinweis auf die unterschiedlichen rollenspielerischen Kompetenzen von Menschen als möglicher relevanter Faktor
  • Hinweis, dass BDSM nicht ausschließlich auf heterosexuelle Cis-Menschen beschränkt ist.
    • Finn beobachtet subjektiv kein so klares Gefälle zu dominantem Spiel bei männlich gelesenen Aktiven.
    • Wenn also geschlechterbezogene Unterschiede beobachtbar wären, stünde noch die Frage im Raum, wie sich die Kritk zu gleich-sozialisierten Spiel-Partner*innen verhalten würde.

Switches

  • Zudem gibt es Aktive, die zwischen Aktiv und Passiv regelmäßig wechseln – Switches genannt.
    • Es gibt keine offensichtliche Häufung dieser Personen in Abhängigkeit von Geschlechtsidentität, -rolle oder sexueller Präferenz.

Trennung von Spiel- und Alltagsverhalten oder -vorlieben

  • Feli: In den meisten Fällen besteht kein Zusammenhang zwischen der bevorzugten Rolle und der Alltagspersönlichkeit der Person
    • Eine die dominante Rolle einnehmende Person kann im Alltag völlig anders im Umgang mit anderen Menschen sein, z.B. zurückhaltend, unsicher oder zärtlich.

Die Sorge vielleicht psychisch gestört zu sein

  • Abgrenzung von BDSM gegen psychische Diagnosen: Muss ich Angst haben, dass ich psychisch gestört bin, Homer?
    • Die Störungsbilder in der ICD-10 (Internationale Klassifikation anerkannter Krankheits- und Störungsbilder) stehen im Grunde stets im Widerspruch zu konsensuellem lustvollem Erleben.
    • D.h. genießen alle beteiligten Seiten das gemeinsame Spiel und sind wie o.b. einwilligungsfähig, kann natürlich nicht von einer Störung gesprochen werden.
    • In diesem Fall handelt es sich beim gemeinsamen Spiel um eine kooperative Form der Bedürfniserfüllung.
    • Psychische Störungen setzen voraus, dass in ihrem Rahmen ein bedeutender Leidensdruck entsteht.
      • Und zwar durch das gezeigte Verhalten. Damit ist nicht ein verständlicher Leidensdruck durch soziale Verurteilung oder Ausgrenzung gemeint!
      • Sekundärer Leidensdruck durch den Konflikt mit der Umwelt kann wiederum durchaus zu psychischen Störungen führen (z.B. Depression). Zögert nicht, Euch frühzeitig Hilfe bei der Bewältigung dieser Belastungen zu holen.
  • Solltet Ihr auf vermeintliche Fachleute treffen, die BDSM generell pathologisieren (also für krankhaft erklären):
    • Sucht einfach weiter.
    • Mittlerweile sollte die Mehrheit der psychologischen und medizinischen Kolleg*innen über eine differenziertere, undogmatische Haltung verfügen.
    • Solche Ansprechpartner*innen finden sich für Queere Menschen z.B. auf https://queermed-deutschland.de/.
  • Wenn Du Dir Sorgen über eigene Gewalt- oder Sexualphantasien machst, findest Du Telefonische Hilfe unter:

Du musst Dich nicht entscheiden!

  • Menschen sind neugierig und haben sich stetig verändernde Bedürfnis-Konstellationen.
    • entsprechend ist es völlig angemessen, Dinge auszuprobieren und anzutesten ….
    • … sich dagegen zu entscheiden
    • … sich für eine Zeit für etwas zu entscheiden, und nach einiger Zeit wieder für etwas anderes.
  • Etwas das Menschen heute Spaß macht, kann etwas oder viel später überhaupt nicht mehr ihr Ding sein.

Von der Notwendigkeit der Reflektion auch über Spielinhalte

  • Wiederholte Reflektion ist notwendig.
    • Weil einerseits auch mal Fehleinschätzungen geschehen können.
    • Weil sich Bedingungen wie Einstellungen, Umstände, Beziehungen usw. zwischenzeitlich ändern können.
    • Entscheidungen, Grenzen, Wünsche usw. sollten darum regelmäßig und anlassunabhängig immer wieder geprüft und ggf. korrigiert werden.
  • Feli empfiehlt den Austausch darüber nicht nur mit den Personen, mit denen eins spielt, sondern auch mit Personen außerhalb, um sich immer wieder zu kalibrieren.
    • Das ist auch wichtig, um sich der ethischen Bedeutungen bestimmten Verhaltens bewusst zu werden und es in seine Entscheidungen mit einzubeziehen.
    • Konsequenzen betreffen ggf. eben nicht nur die direkte Interaktionspartnerin.
      • Welche Auswirkungen haben meine Handlungen auf mich selbst und/oder andere?
  • Es ist wichtig seine Privilegien zu reflektierten, dass eins Situationen spielen kann, die außerhalb des Spiels für Menschen tatsächlich gefährlich oder schädlich sind, ohne diesem Risiko ausgesetzt zu sein und mit der Möglichkeit, das eigene Erleben zu reflektieren.
  • Finn: Auch hier ist es wichtig zwischen dem Spiel und den Bedürfnissen außerhalb des Spiels zu unterscheiden.

Leidensdruck aus Abweichung vom Mainstream

  • Es kann sich schwierig anfühlen von der Norm abzuweichen.
    • Ich kann mich selbst deshalb in Frage stellen,
    • aber auch die Norm.
    • Für die einzelne Person und für den jeweiligen Moment kann es aber auch in Ordnung sein, sich anzupassen und nicht in offene Konfrontation mit der Normgesellschaft zu geben.
  • Sich mit anderen zu organisieren und austauschen zu können ist wie in so vielen Bereichen eine gute Chance, sich zu entlasten und Unterstützung zu sichern.

Tonquellen:

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